*** SSRM: Hammer-Zahlen & Türkei-Desaster! ***

SSR Mining hat gestern nach Börsenschluss die Geschäftszahlen zum abgelaufenen Q4/2023 sowie zum Gesamtjahr 2023 bekannt gegeben.

Mit 59 US-Cent (anstelle der erwarteten 33 bis 35 für das Q4/2023) hat man die Analystenschätzungen um weit mehr als 70% übertroffen und damit praktisch „pulverisiert“.

February 27, 2024: SSR MINING REPORTS FOURTH QUARTER AND FULL-YEAR 2023 RESULTS ( Das ist der Link zum Originalbericht von SSRM)

SSR Mining earnings beat by $0.24, revenue topped estimates

Silver Standard (SSRM) Q4 Earnings Beat Estimates, Up Y/Y

SSR Mining Non-GAAP EPS of $0.59 beats by $0.25, revenue of $425.89M beats by $10.62M

Dass es als Reaktion darauf zu keiner Explosion der Aktie kommt liegt natürlich am Unglück in der türkischen Cöpler-Mine.

So eine Ertragsüberrschung muss man erstmal hinbekommen, denn die durchschnittlichen Goldpreise eines Quartals sind ja bekannt und die grobe Fördermenge ebenfalls. Das Minen-Geschäft ist somit in der Regel planbarer als dort wo unerwartete Medikamenten-Zulassungen, Großaufträge, Patent-Streitigkeiten, Schadenersatzforderungen usw. eher mal für kurzfristige Überraschungen sorgen.

Weil man zum aktuellen Zeitpunkt – weder die kompletten Kosten, noch den Zeitraum für eine Wiedereröffnung abschätzen kann – blieb man diesbezüglich extrem zurückhaltend.

Diese Vorsicht ( man könnte es auch Prognose-Verweigerung nennen ) hat wohl nicht nur moralische, sondern auch taktische und haftungsrechtliche Gründe.

SSR Mining war noch nie dafür bekannt mit vollmundigen oder übertriebenen Prognosen Erwartungen zu wecken, die man am Ende nicht einhalten konnte. Auch deswegen hört man in den Medien oder auf Internetseiten nur selten etwas von SSR Mining und seinen Projekten. Andere Minenverteter tauchen da schon öfters auf der „Showbühne“ auf, um sich mit gewagten Preisprognosen in die Schlagzeilen zu bringen.

Dass es sich bei dieser eher „schüchtern daher-kommenden SSR Mining“ dennoch um ein Minenportfolio der absoluten Welt-Spitzen-Klasse handelt haben die gestrigen Zahlen erneut eindrucksvoll bewiesen.

Rechnet man die erzielten 59 Cent auf ein Jahr hoch reden wir über 2.36 Dollar, was beim Aktienkurs (vor dem Unglück) von etwa 10 Dollar einem KGV von nur knapp über 4 entspräche. Das ist aber alles Geschichte, daher zum Ausblick:

Es war zu erwarten, dass man neben einer Streichung der 7,- Cent Quartalsdividende auch das Aktien-Rückkauf-Programm mit sofortiger Wirkung aussetzt, um zusätzliche Liquidität vorzuhalten.

Nach einer fast 350 Millionen US-$ (nicht Cash- bzw. Liquiditäts-wirksamen) Abschreibung auf Cöpler-Werte steht das Projekt jetzt nicht mehr mit 2,8 Milliarden nur noch mit 2,45 Mrd. in den Büchern.

Desweiteren verfügt man zum Ende des Jahres 2023 über eine Netto-Cash-Position von 261,6 Millionen Dollar. Das bedeutet Geld (extrem liquide bzw. bar in der Kasse) – bereits abzüglich aller Schulden. Zusammen mit dem ja ständig weiter fließenden Cashflow aus den anderen 3 Minen sieht man sich gut gewappnet auch die noch anstehenden Kosten für die Schäden in der Cöpler Mine tragen zu können.

Wenn man sich die Unterlagen zusammen mit den gestern veröffentlichten Zahlen genauer betrachtet bekommt man einen Eindruck, welches Top-Portfilio an Minen da zusammengestellt und aufgebaut wurde. Wegen der Cöpler-Ereignisse möchte sich mit Michael Anglin ein entscheidender und kompetenter Vorstand nicht wie erwartet in den Ruhestand verabschieden, sondern auch weiterhin an der Lösung dieser schwierigen Lage mitarbeiten, ….. aber das nur am Rande.

Bevor wir zur weiteren Einschätzung der Lage kommen erneut der Hinweis, dass wir uns auf die rein wirtschaftliche bzw. anlagetechnische Seite des ganze Geschichte konzentrieren!

Bei dem was wir nachfolgend bringen muss man dies wohl nochmal im Vorfeld besonders betonen!!!

Warum?

Weil ein genauer Blick in die Zahlen und Bücher zeigt, dass mit Cöpler ausgerechnet die Mine eine Zeit lang ausfällt – welche mit 1.535 Dollar AISC im Q4/23 auch die mit Abstand höchste Kostenstruktur aufweist.

Im Vergleich dazu liegen Marigold (USA) bei 1.170 und Seabee (Kanada) bei 916 AISC je Unze. Puna in Argentinien produzierte u.a. Silber zu AISC von 15,51 Dollar je Unze.

Zur Umrechnung anderer Metalle auf sogenannte „Gold-equivalent-Unzen“ kommen wir später nochmal zurück. Außerdem zerlegen wir weiter unten den kompletten „Laden“ mal nach und nach in seine Einzelteile, um herauszufinden WER WAS zum Erfolg beiträgt. Das Ergebnis wird einen nicht nur überraschen – es bedeutet, dass SSR Mining auch ohne Cöpler in der Lage ist gute Gewinne einzufahren und es rein wirtschaftlich betrachtet kein sooooo großer Schaden ist – mit dem weiteren Abbau in der Türkei auf höhere Goldpreise zu warten.

Man muss zwar ehrlicherweise zugeben, dass es sich um eine ungeplante & den Umständen entsprechend tragische Zwangspause handelt. Ein längerer Produktionsausfall könnte SSRM aber sogar in die Lage versetzen, einen Teil des Schadens über später höhere Verkaufserlöse wieder zurück-zu-erwirtschaften.

Als perfekte Konstellation wäre wohl das Zusammentreffen eines vergleichsweise niedrigen Schadens, eine lange Ausfallzeit & steigende Goldpreise zu betrachten.

Nachdem bis zur Wiedereröffnung alles im Boden bleibt, das Vorkommen dort gewaltig ist & sich bei den Produktionskosten wohl nicht viel tun wird ……. bringt jeder Dollar mehr an Verkaufserlös zusätzlichen Gewinn.

Der Umstand, dass bislang keinerlei Verschmutzungen im Wasser oder Boden vor Ort festgestellt werden konnten unterstreicht diese Annahme. Auf der Kostenseite belastet natürlich, dass man das abgerutschte Erdreich möglichst zeitnah an einen anderen, sicheren Ort verbringen möchte. Das dafür zusätzlich benötigte Material & Personal wird logischerweise massiver zu Buche schlagen im Vergleich zu dem – was es gekostet hätte alles selber nach und nach mit den eigenen Leuten aufzuräumen.

Geht man alle Projekte durch ergibt sich beim angesetzten, durchschnittlich erzielten Gold-Verkaufs-Preis von 1.989 Dollar in Q4-2023 folgende Lage. Wir überschlagen nachfolgend die Zahlen grob, um einen Eindruck zu bekommen was das alles für den Gewinn bedeutet:

Cöpler Türkei: Knapp 60.000 Unzen mit 450 Dollar Spanne = 27 Millionen Dollar (Gewinn)

Marigold USA: 81.200 Unzen verkauft mit 800 Dollar Gewinnspanne = 65 Millionen Dollar (Gewinn)

Seabee Kanada: 32.000 Unzen verkauft mit 1.070 Dollar Spanne = 34 Millionen Dollar (Gewinn)

Puna, Argentinien: 33.000 Gold equivalent ounces mit 560 Dollar Spanne= 18,4 Millionen Dollar (Gewinn)

( Nachdem es sich bei PUNA um ein Silber- Zink- und Bleiobjekt handelt wird hier alles in sogenannte Gold-equivalent-Unzen umgerechnet! )

Rechnet man diese Endergebnisse zusammen kommt man auf 144,4 Millionen! Diese Zahlen sind so auch (grob gerundet) dem hier nochmals verlinkten Geschäftsbericht

February 27, 2024: SSR MINING REPORTS FOURTH QUARTER AND FULL-YEAR 2023 RESULTS

zu entnehmen, wobei unsere Aufstellung natürlich einige Dinge grob vereinfacht und damit unberücksichtigt lässt!

Es geht mir an der Stelle nur darum grob zu zeigen, was der Cöpler-Ausfall in der Summe für die Ertragskraft von SSR Mining bedeutet. Es bleibt zwar zu erwähnen, dass man dort für die kommenden Jahre große Planungen hatte, aber wenn das statt aufgehoben nur aufgeschoben ist hält sich der Schaden doch in engeren Grenzen …… als derzeit eingepreist wird.

Zu den eben genannten Zahlen muss man sagen, dass der (vorübergehende) Cöpler-Ausfall an sich zwar einen herber Rückschlag, aber keinen Weltuntergang darstellt.

Auch alles was im Zuge des Unglücks an Material, Maschinen, Infrastruktur und Ausrüstung zerstört wurde spielt bezogen auf den gesamten Konzern nur eine untergeordnete Rolle, um es mal vereinfacht auf den Punkt zu bringen. Auch dazu werden in dem Bericht konkrete Zahlen genannt.

Der Umstand, dass der Aktienkurs in der Summe (zumindest bis jetzt) nicht auf die Zahlen & Aussagen von gestern reagiert zeigt Folgendes:

Die extrem positive Überrschung (was die reinen Q4 Zahlen und damit die Ertragskraft selber angeht) wird durch die Unsicherheiten – rund um alles was Cöpler betrifft -ausgeglichen. Die extrem vorsichtige und zurückhaltende Art des Managments ist man zwar so gewohnt – sie trägt aber aktuell nicht dazu bei überschwänglichen Optimismus aufkommen zu lassen.

Meine eigene, ganz persönliche Meinung:

Der Cöpler-Ausfall trifft das Unternehmen (vor allem beim aktuellen Goldpreis und als margenschwächste Mine obendrein ) nicht so, wie man das auf den ersten Blick vermutet. Von daher sind Kurse zwischen 4,- oder 5,- Euro wohl auch weiterhin als Schnäppchen zu betrachten ….. besonders vor dem Hintergrund der extremen Gesamt-Ertragsstärke, der Netto-Schuldenfreiheit und angesichts eines Cash-Fettpolsters von mehr als 260 Millionen US-$.

Andere Unternehmen wären in so einem Fall wohl gewungen (auf Basis eines bereits völlig in sich zusammengebrochenen Aktienkurses) auch noch eine Kapitalerhöhung durchzuführen oder sich von Banken zu Wucherzinsen zusätzliches Fremdkapital zu besorgen! Es zahlt sich also aus, dass man bislang immer relativ konservativ und sparsam unterwegs war! Auch dafür sollte es vom Markt absehbar eine Art Belohnung geben!

Kommentare sind abgeschaltet.